Mit Forza Motorsport 7 verlässt Turn10 zum ersten Mal die sicheren Rennstrecken der Xbox und tritt auf dem PC gegen Project Cars 2 und Assetto Corsa um den Genre-Thron an. Wie sich der PC-Konsolen-Hybrid dabei schlägt, erfahrt ihr in unserem Testbericht.
Forza Motorsport ist das Simulationsaushängeschild auf der Xbox und bisher auch exklusiv den Konsoleros vorbehalten. Mit PlayAnywhere wagt sich das Microsoft eigene Studio Turn10 nun nach Forza Horizon 3 auch mit Forza Motorsport 7 auf den PC. Spieler profitieren hierbei nicht nur von einer deutlich hübscheren und flüssigeren Grafik, sondern auch von einer Fülle an Eingabemethoden wie Lenkrädern und Gamepads, die auf der Xbox One nur in geringer Form unterstützt werden. Der Clou ist, dass man gleichzeitig auch die Konsolenversion erwirbt und auf seiner Xbox wie auch auf dem PC spielen kann, rein wie es dem Spieler beliebt. Natürlich muss man für die PlayAnywhere-Version im Vergleich zur Standard-Konsolenversion auch einige Euronen mehr berappen. Crossplay, das Online-Spielen mit PC und Konsolenspielern ist möglich.
Fuhrpark
Der Fuhrpark ist zunächst äußerst beeindruckend. Weit über 680 Autos warten auf das Lösen der Handbremse. Dabei sind alle Boliden sehr originalgetreu gestaltet und besitzen authentische Cockpits. Einzig der Sound klingt teilweise sehr schwach und nicht überzeugend. Wer nicht das nötige Kleingeld für einen der Supersportwagen auf der hohen Kante hat, kann sich das Traumauto auch einfach mieten. Wobei der Ausdruck etwas verwirrend ist, denn es fallen für den Spieler keine Kosten an, er verdient lediglich keine Erfahrungspunkte und bekommt keine Preisgelder. Das Prinzip funktioniert auch im Multiplayermodus. Auch in Forza Motorsport 7 lassen sich die Fahrzeuge natürlich wieder wie gewohnt Tunen und aufrüsten. Für den Multiplayer hat das wenig Bedeutung, da hier feste Klassen gegeneinander antreten.
Forza Drivers Cup
Zu Beginn wählt der Spieler frei sein Geschlecht aus, außer dem Erscheinungsbild bei den Siegerposen oder im Boxen- oder Streckenmenü hat dies allerdings keine Auswirkung auf den weiteren Spielverlauf. Wer sich nach vielen Rennsiegen nun viel männlicher oder weiblicher wähnt, kann die Einstellung jederzeit neu anpassen. Danach wählt man einen Rennoverall ausIm Spielverlauf werden viele weitere in Sonderevents oder durch den Karrierefortschritt freigeschaltet. Danach geht es auch schon direkt los. Mit dem kleinen Handgeld kauft man sich seinen ersten Wagen und wählt im Karriereabschnitt die erste Rennserie. Insgesamt gibt es sechs Karrierestufen, die gemeistert werden. Am Ende winkt der Forza Drivers Cup.
Leider war’s das auch schon mit der Präsentation. Es gibt weder eine Story noch nette Videos, die die ruhmreiche Karriere begleiten. Man klappert nach und nach die Meisterschaften ab und steht früher oder später auf dem Gipfel der Motorsportkarriere. Die Rennen sind geprägt von actiongeladenen Zweikämpfen, da sinnfreierweise ein Qualifying fehlt, startet der Spieler immer im hinteren Feld und muss zuschauen wie die Konkurrenz immer von vorne losdüst. Dadurch sind die Rennen qualitativ nicht auf hohem Niveau, denn zwangsweise sind die Gegner einen Tick zu leicht eingestellt, sonst hat man von Platz 12 in standmäßigen 3-5 Runden keine Chance auch nur in die Nähe des Podiums zu kommen. Leider schafft Forza Motorsport 7 nicht den Sprung zur ernstzunehmenden Simulation, aber das möchte es auch gar nicht. Somit richtet es sich an Spieler aus beiden Lagern, die durchaus ihren Spaß auf der Strecke finden werden. Für die Online-Rennen gilt leider das gleiche Prinzip des Zufalls der Startposition.
Ein wenig trüben die Drivatare die Atmosphäre. Wir befinden uns auf der Rennstrecke im Kampf mit coolen Namen wie GangstaRapperX56 und RacerGer666. In Mehrspielerrennen noch zu verschmerzen, aber in der Karriere erneut recht nervig und unrealistisch. Als Rennfahrer möchte man doch lieber gegen richtige Namen wie Max Mustermann antreten anstatt gegen MegaMustermax3097, das kostet unnötig Flair. Mit dem neuen dynamischeren Wetter gestalten sich die Rennen nun aber sehr viel abwechslungsreicher und bei höherer Rundenzahl kommt mit den Boxenstopps ein weiteres, taktisches Element ins Spiel. Wobei die Pitstops leider sehr unspektakulär ablaufen, es ist keine Crew beim Wechseln der Räder oder ähnliches zu sehen, lediglich ein dröges Menü, welches den Ablauf und die vergangene Zeit darstellt.
Multiplayer
Forza Motorsport 7 vereinigt dank Crossplay die Spieler der XboxOne mit den PC-Spielern. Da beide Gruppen über die gleichen Eingabemethoden verfügen, herrscht hier Chancengleichheit. Der Multiplayermodus ist allerdings nicht mehr zeitgemäß. Es gibt zwar eine Lobby, aber direkt ein spezielles Rennen oder ein geeigneter Server können nicht ausgesucht werden. So kann es schon durchaus Stunden dauern, bis man mal mit der gewünschten Klasse an einem Rennen auf der Wunschstrecke fahren kann. Wer ein eigenes Rennen erstellen möchte, muss dafür zwingend einen Freund einladen, ansonsten darf kein Rennen angelegt werden. Qualifying sucht man in den Rennen vergebens, der Zufall entscheidet ganz motorsportuntypisch über die Startposition. Das ist nicht sehr erfreulich.
Es stehen verschiedene Klassen zur Auswahl. Sollte kein passendes Auto in der eigenen Garage stehen, so kann man einen Leihwagen auswählen, verzichtet damit aber auf Preisgelder. Alles zusammen ist die Oberfläche beim Multiplayer-Modus aber nicht gelungen und trübt den Spielspaß. Die Menüs sind nicht zeitgemäß und die vorhandenen Optionen erschreckend gering. Am PC ist man sicherlich besseres gewöhnt und Project Cars 2 zeigt auf der Konsole, dass man nicht mit Einstellungen geizen muss.
Hat man endlich ein Rennen gefunden, so lässt der Ehrenkodex der Fahrer sehr zu wünschen übrig. Es gibt kein System, das Rowdies von vernünftigen Hobbyrennfahrer trennt. So muss man immer damit rechnen, dass der nächste Rammstoß unmittelbar bevorsteht. Hat man eine Gruppe guter Fahrer erwischt, steht packenden Duellen allerdings nichts im Wege.
Hochglanz und Weitsicht
Die Grafik ist absolut auf Augenhöhe mit der Konkurrenz. Zwar gibt es keine vier Jahreszeiten oder eine sich verändernde Strecke, aber das, was Turn10 abliefert, ist dennoch allererste Sahne. Die über 680 Hauptdarsteller erstrahlen in einem sehr hohen Detailgrad und hochauflösenderen Texturen und das ganze sogar in 4k. Auf der XboxOne S lief das Ganze schon sehr flüssig, die XboxOne X schaltet hier natürlich noch einen Gang höher. Maximale Power und schönste Grafik gibt es natürlich wie immer auf dem PC, hier kann Forza Motorsport 7 wirklich grandiose Ansichten liefen und im Gegensatz zur Konkurrenz, sind auch die Bereiche abseits der Strecke wie auch im Hinterland sehr schön gestaltet. Regen, Nebel und nun auch Sand erschweren dem Spieler die Sicht – wenn auch zumindest beim Sand relativ offensichtlich gescriptet.
Das bedeutet, dass auf jeder Runde an der gleichen Stelle beim Vorbeifahren die gleiche Sandverwehung über die Strecke fegt. Billig, aber zumindest am Anfang sehr atmosphärisch. Einen VR-Support gibt es leider nicht, sicherlich der Tatsache geschuldet, dass Microsoft auf der Konsole hier noch nicht den Anschluss ans Feld gefunden hat. Wer seine Rennen aufnehmen möchte, kann dies bequem mit dem integrierten Aufnahmetool machen und seine Fahrten erneut genießen. Mit der Windows-Aufnahmefunktion kann das Video auch direkt auf der Festplatte gespeichert werden oder auf Beam gestreamt werden.
Pferdegeflüster
680 Fahrzeuge, aber leider können nur sehr wenige wirklich klanglich vollends überzeugen. Es fehlt einfach mehr Bass am sattem Sound, die V12 Motoren von Ferrari klingen nicht aggressiv, sondern eher wie ein normaler PKW mit Rost am Auspuff und eben nicht wie ein Edelross aus Maranello. Wir haben uns den Sound sowohl auf einem Sennheißer Headset mit integrierter 7.1 Soundkarte, einem Onboard-Chip und mit der herausragenden Soundblaster AE-5 Karte getestet und das Ergebnis bleibt leider etwas durchwachsen. Neben der fehlenden, klanglichen Aggressivität der Pferdchen ist auch das akustische Feedback beim sich ändernden Gripverhältnissen recht spärlich. Es ist durchaus vorhanden und man gewöhnt sich auch schnell daran, aber vergleichbare Titel präsentieren sich hier spektakulärer. Auch der Regen prasselt eher unscheinbar auf unsere Cockpitscheibe.
Sachschäden und andere Versicherungsfälle klingen durchaus überzeugend. Die Menümusik hingegen ist gelungen und passt sich im Klang sogar der aktuellen Umgebung an. Im Multiplayer stellen die Xbox-User mit ihren aktivierten Headsets öfters eine Herausforderung für die Nerven dar. Push-to-talk wäre eine feine Sache für Ingame-Voices, aber so bekommt man eben alles und wirklich alles mit, was sich im Leben eines manchen Mitfahrers abspielt.
Langzeitmotivation
Für die Langzeitmotivation gibt es Events und Aufgaben zu erfüllen. Die Preise reichen von Ingame-Geld über Rennoveralls bis zu schicken Autos. Ansonsten muss der Multiplayer herhalten. Mit Freunden in eigenen Gruppen sind die Rennen auch wirklich packend und spannend, denn hier kann noch alles selbst eingestellt werden. Die Karriere ist nach relativ kurzer Zeit durchlaufen, da es keine richtigen Saisons gibt, hält sich der Wiederspielwert der einzelnen, recht kurzen Meisterschaften in Grenzen.
Wir möchten an dieser Stelle aber noch darauf hinweisen, dass es noch Online-Meisterschaften geben wird. Allerdings sind sie derzeit noch nicht enthalten und werden später nachgeliefert. Diese könnten den Multiplayer und die allgemeine Bewertung noch anheben.
Fazit
Der umfangreiche Fuhrpark ist derzeit die neue Messlatte. Dazu lassen sich alle Autos tunen und das Setup einstellen. Das macht Spaß und motiviert. Forza Motorsport 7 ist leider keine Simulation, auch wenn es erneut versucht wurde, den Titel in diese Richtung zu lenken. Aber die fehlenden Qualifyings und das arcadelastige Fahrverhalten lassen den Xbox-Veteranen auf dem PC weit hinter Project Cars 2, Raceroom und den Hardcore Simulationen zurückfallen. Die Präsentation der Karriere ist eigentlich nicht gegeben, lediglich die Siegerehrungen versprühen einwenig Champagnerflair. Dennoch ist Forza Motorsport 7 ein grandioses Rennspiel, das jeden Motorsportfan auf dem PC zu einer Probefahrt einlädt. Auf der XboxOne ist es ohnehin der unangefochtene Platzhirsch. Für den PC muss aber auch in Sachen Multiplayer in Zukunft einiges getan werden. Vielleicht hält mit den Online-Ligen ja auch eine neue Benutzeroberfläche Einzug.
Positiv
- Tolle Grafik
- Riesiger Fuhrpark
- Viele Rennklassen
- endlich auf dem PC
Negativ
- Schwacher Sound
- Mieser Multiplayer
- Keine Qualifikationsfahrten
- Belanglose Karriere
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