X-Wing

Von Tim-Oliver Siegwart am 17. Dezember 2016 in Review

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Es war einmal vor langer Zeit, auf einem weit weit entfernten Betriebssystem. 1993 sprang „X- Wing“ von „Lucas Arts“ aus dem Hyperraum. Damals war man als „Star Wars Fan“ noch ein absoluter Nerd und Computerspiele wurden noch mit Herzblut von Fans für Fans entwickelt. Mit „X-Wing“ starten wir in unsere absolut nicht chronologische Retro-Reihe, die zum Schutz und zur Erhaltung alter Spieleklassiker gedacht ist. In unserer Serie findet ihr nicht nur spielenswerte Klassiker, wir verraten euch auch wie ihr sie auf aktuellen Systemen zum Laufen bekommt.

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Starten, wo startet man so eine Reihe? Es gab auch davor Weltraum-Shooter, wäre es nicht angebracht mit „Asteroids“, dem Spielehallenklassiker, den Anfang zu wagen? Wäre das nicht eher Retro? Und was ist Retro überhaupt? Essen kann man es nicht und den Müll trägt es auch nicht herunter und der Platz im Keller wird auch nicht mehr dadurch.

Warum starten wir diese Rubrik gerade mit der Weltraumsimulation „X-Wing“ und nicht etwa mit „Wing Commander“, schließlich hat Chris Roberts Meisterwerk dieses Genre quasi neu eingeführt und eine ganze Ära geprägt. Nun, das hat mehrere Gründe. Zum einen handelt es sich hier um die Editors Choice und auch oder gerade weil mit „Star Citizen“ ein aktueller Ableger der „Wing Commander Saga“ in den Startlöchern steht, ist es für den Schreiberling eher sinnvoll, mit der anderen prägende Legende zu starten, die nicht im Rampenlicht steht. Außerdem läuft mit „Star Wars Rouge One“ gerade ein Blockbuster im Kino an, der sich genau um die im Spiel behandelte Thematik dreht.

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Apropos Platz. Damals, 1993, war ein IBM 386 mit einer 20 MB Festplatte unser ganzer Stolz. Ein schöner alter Desktop mit dem Monitor auf dem Gehäuse stehend. Jüngere Generation kennen dieses Bild sicherlich nur noch von ikonischen Darstellungen, etwa der des Arbeitsplatzes in Windows. Früher, liebe Kinder, sah das wirklich so aus und es war gut so. „Windows“, ja das gab es schon. „Win 3.1“, um genau zu sein, aber Spiele liefen damals nur unter „MS-DOS“. Für beides war nicht genug Leistung vorhanden. Es war auch nicht immer so einfach, ein Spiel zum Laufen zu überreden. Oftmals musste man selbst Hand anlegen an „autoexec.bat“ und die „config.sys“, um genug freien Arbeitsspeicher zum Spielen zu bekommen, damit die Soundkarte auf dem richtigen Interrupt angesprochen und ein Maus-Treiber geladen wird. Ein CD-ROM-Laufwerk stellte einen vor eine heftige Aufgabe. Meistens wurde dadurch der Speicher zu knapp, sodass weiterführende Maßnahmen getroffen werden mussten.

Das Abenteuer begann also schon reichlich vor dem eigentlichen Start und zauberte ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht, sofern wir erfolgreich waren. Ein Achievement gab es dafür leider auch nicht. Für den Fall, dass es nicht funktionierte, nun dann konnte man sich nicht so einfach Hilfe suchen. Gamer waren recht rar, es gab kein allgegenwärtiges Internet, „WhatsApp“ oder Ähnliches. Wir hatten damals ja nichts. Was wir hatten, war eine Menge Spielspaß, liebevolle Spiele, tief reichende PC-Kenntnisse und etwas Elitäres. Zum einen weil wir in fremde Welten eintauchen konnten, zum anderen weil wir etwas beherrscht haben, das Otto -Normalbürger nicht konnte. „Microsoft“ hat es mit „Win 95“ bis heute kontinuierlich geschafft, komplizierte Abläufe zu automatisieren und in eine selbsterklärende grafische Oberfläche zu packen. Somit kann heute wirklich jeder einen PC bedienen und wunderschöne Spiele spielen.

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Wer die alten Klassiker spielen möchte, der braucht mitunter aber wieder viel Geduld. Auf „Steam“ finden sich mittlerweile viele Perlen der Videospielgeschichte. Oftmals in einer „Remastered“, also überarbeiteten Fassung mit verbesserten Grafiken, oder die Special Edition, denn in den 90ern erschien zu vielen Spielen eine Special Edition auf CD-ROM mit besserer Optik und Sprachausgabe. Gerade die zuletzt genannten erforderten dann das Hinzufügen von entsprechenden Treibern. In der heutigen Zeit kennt der Spieler all diese Probleme bei aktuellen Games nicht mehr. In der Regel ist es gerade bei „Steam“ ein Klick und alles Notwendige geschieht automatisch. Bei unseren alten Perlen und gerade auch bei „X-Wing“ treten hier aber dennoch einige Probleme auf.

Als „Lucas Arts“ und Genie Holland mit der Entwicklung begann, waren „Win10“, DirectX, 4k Monitore und die ganze Peripherie noch in einer wirklich sehr weit entfernten Galaxie. Kein Wunder also, dass die Weltraum Simulation bei vielen rebelliert. In unseren Guides haben wir eine kleine Anleitung, wie ihr die Special Edition in den meisten Fällen gestartet bekommt. Alle Versionen auf „GoG.com“ oder „Steam“ nutzen die „DosBox“, eine virtuelle DOS-Umgebung, diese wird automatisch mitinstalliert, die dunkle Seite ist aber stark bei diesem Spiel und es bedarf einiger zusätzlicher Handgriffe. Das Aufnehmen mit „Dxtory“, „Fraps“ etc. ist nicht ohne weiteres möglich, dafür wird ein externes Grabbing-Tool wie etwa eine „Elgato Capture Card“ oder einige Modifikationen in der „DosBox“ benötigt. Auch dafür finden sich Anleitungen in unseren Guides.

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In einer weit weit entfernten Vergangenheit

Sind alle Hürden der Installation gemeistert, wird der Bildschirm schwarz und das altehrwürdige, verpixelte und mit ziemlich schrecklichem Midi-Sound unterlegte „Lucas Arts Logo“ erscheint. Nostalgiker bitte ein Taschentuch bereithalten, Nerds und Geeks eine Sabbac-Tasche, äh Sabbertasse. Alle anderen mit einem Wtf-Gesichtsausdruck, das war das Beste vom Besten. Das Feinste vom Feinen. Mit den Intros und Zwischensequenzen setzte „X-Wing“ damals Maßstäbe, für die Spieler von damals war das wie Heimkino und es war „Star Wars“. Achso, ja richtig. „Star Wars“ gab es damals nicht an jeder Ecke. Der letzte Kinofilm, „Die Rückkehr der Jedi Ritter“, lief knapp 10 Jahre zuvor und es gab nicht in jedem lokalen Supermarkt Merchandising-Artikel. Das ist wichtig, um zu verstehen, was für eine Faszination und Begeisterung von „X-Wing“ ausging. Als Spieler konnte man erstmals am PC in diesem grandiosen Universum mit solch einer bombastischer, ja fast realitätsechten Grafik teilhaben, die Geschichte miterleben und mitwirken. Ja, wir reden hier wirklich von diesem Pixelhaufen auf dem Monitor. Es waren aber echte 3D-Modelle, nicht wie bei Wing Commander 2D-Sprites.

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Zur eigentlichen Story muss nicht viel gesagt werden. Die Handlung spielt zurzeit um „Episode 4 – Eine neue Hoffnung“. Vom Stehlen der Todessternpläne bis zu dessen Zerstörung. Der Rest sollte aus dem Geschichts- und Religionsunterricht ja eigentlich hinlänglich bekannt sein. Das Spiel war in mehrere Bereiche unterteilt. Einmal das Pilotentraining, historische Missionen (etwa die Befreiung von Admiral Ackbar) und die „Tour of Duty“. In dieser konnte der eigene Pilot tatsächlich sterben und dann war aus die Maus. Es gab die Möglichkeit, den Missionsfortschritt zu erhalten aber alle Punkte, Orden etc. zu verlieren. Hatte man Glück, so wurde man im Raum treibend von den Rebellen gefunden und im Bacta Tank geheilt. Aber irgendwie war es meistens Darth Vader, der unbedingt wissen wollte, wo die geheime Basis der Rebellen zu finden sei und man wurde zu Tode gefoltert. Ein toller, sympathischer Kerl, der Herr Vader, unkompliziert und direkt auf den Punkt. Als Rebell im Kampf gegen den Imperator hatte man allgemein keine allzu hohe Lebenserwartung, egal was auf den Rekrutierungs-Flyern steht. Daher wurde eigentlich nach jeder erfolgreichen „Tour of Duty“ Mission das Spiel beendet und die Piloten-Datei zur Sicherheit kopiert.

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Mit dem Dos Editor hatte man sich dafür schon eine Batchdatei angelegt, damit dieser Vorgang schneller erledigt ist. Clever waren wir, nicht wahr? In den meisten Spielen fehlt heutzutage dieser Druck, dass beim Scheitern einer Mission wirklich alles verloren sein kann. Ein Einsatz in „X-Wing“ hat durchaus auch öfters mal seine halbe Stunde gedauert, immer das Imperium im Nacken. Oftmals ist man kurz vor Ende dann doch noch gescheitert, weil man die Missionsziele nicht erreichte oder einfach zerstört wurde. Das Ganze also von vorne. Man war das ein Spaß. Das große Finale der Kampagne war natürlich die Schlacht über Yavin 4 gegen den Todesstern. Seither leider unerreicht ist dieses grandiose Erlebnis, zuerst über der ultimativen Kampfstation wie im Film die feindlichen Jäger zu zerstören und danach in den Graben abzutauchen.

Am Ende lenkte man wie Luke Skywalker die Torpedos in den kleinen Schacht, der nicht größer als eine Womp-Ratte war und zerstörte damit den Todesstern in letzter Sekunde. Man war Teil des Films geworden, Spiel, Spieler und Story sind verschmolzen. Danach konnte man die Missionen erneut spielen und seinen Highscore verbessern. Mit den Add-ons „Imperial Pursuit“ und „B-Wing“ kamen neuen Missionen sowie der B-Wing Bomber ins Spiel. Was viele nicht wissen, es gab auch einen Missionseditor, der nicht käuflich erwerbbar war. Damit war es theoretisch möglich, eigene Missionen zu erstellen. Ein sehr kompliziertes Unterfangen und wirklich spielbares kam zumindest bei uns nicht zu Tage, aber es hat dennoch einen Heidenspaß gemacht.

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Mäuse im All

„X-Wing“ konnte man entweder mit Maus und Tastatur oder mit Joystick und Tastatur spielen. Richtig gut ließ sich der Rebellenkämpfer nicht mit der Kugelmaus steuern, man musste unentwegt nachziehen und es war keine Seltenheit, dass der TIE-Fighter schon fest im Fadenkreuz, noch vom Ende des Mauspads gerettet wurde. Die Mausunterlagen waren damals zugegeben auch nicht besonders groß, sondern eher für den Office-Gebrauch ausgelegt. Mit einem Joystick hingegen konnte man die tollsten Flugmanöver vollführen und das Imperium das Fürchten lehren. In beiden Fällen brauchte man auch die Tastatur. Man musste das Energiemanagement des Raumjägers selbst steuern. Mehr Energie in die Schilde, oder doch lieber in den Antrieb – nicht zu vergessen die Waffen. Man konnte zwischen diesen drei Systemen die Energie transferieren und somit auf die aktuellen Gegebenheiten reagieren.

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John Williams

Was wäre die Weltraumsaga ohne den genialen Soundtrack von John Williams. Echten Fans reichen schon die ersten Klänge der Titelmusik, um ins Schwärmen zu kommen. „X-Wing“ trällerte über PC-Speaker die berühmte Fanfare und der absolute Clou, die Hintergrundmusik passte sich dynamisch den Geschehnissen auf dem Monitor an. Traf Verstärkung für das Imperium ein, etwas ein Sternenzerstörer oder ein missionskritisches Schiff sprang aus dem Hyperraum, so wurde die Musik dramatischer und verstärkte damit sehr gekonnt das tolle Mittendrin-Gefühl. In der Special Edition gab es dann auch Sprachausgabe bei den Missionsbesprechungen. An all die Details wurde bei „Lucas Arts“ gedacht. Alle Sounds, wie das Abfeuern der Laser, das Aufklappen der Flügel usw. klingen genauso wie im Film. Heute machen Grafik und Sound unter „Windows 10“ einige Probleme, in unseren Guides findet ihr eine kleine Hilfe, die euch bei technischen Herausforderungen unter die Arme greift.

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Grafik aus vor langer langer Zeit

Die Grafik in VGA-Auflösung ist wirklich ein Schock für heutige Augen – aber gleichzeitig eben Retro und cool. Die 3D-Modelle sind mit viel Liebe zum Detail erstellt, aber der Detailgrad war damals nicht besonders hoch. In den Optionen kann man ganz getrost alles auf Maximum stellen. Die Filmsequenzen versprühen damals wie heute einen ganz speziellen Charme und sind charakteristisch für Lucas Arts-Spiele. Viele werden evtl. in den Menüs leider ein leichtes Flackern haben und nach der Missionsbesprechung nicht den Weltraum, sondern ihren Desktop sehen. Hier muss dann etwas Hand angelegt werden. Die Ausgabe der „DosBox“ auf „OpenGL“ stellen und evtl. noch ein paar Dateien aus dem Internet laden. Unser Guide fasst die wichtigsten Hilfen zusammen. Grundsätzlich läuft danach alles ohne Probleme und man kann sogar mit z. B. dem „OBS Studio“ das Gameplay aufnehmen.

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Fazit

„X-Wing“ ist auch heute trotz der veralteten Grafik eine absolute Empfehlung. Das Missions-Design war knackig und angenehm schwer. Man fühlte sich gut und erfolgreich nach einem siegreichen Abschluss. Alle bekannten Raumschiffe sind mit dabei. Die Story lässt den Spieler viele wichtige Ereignisse aus den „Star Wars-Universum“ hautnah miterleben, sogar die Torpedos auf den Todesstern darf man selbst ins Ziel lenken. Für Fans ein absolutes Muss. Das Spiel kann man sowohl auf „GoG.com“, als auch auf „Steam“ erwerben. Beide Versionen sind unterschiedlich. „GoG.com“ hat hier den besseren Job gemacht und die „DosBox“ schon richtig eingerichtet. Käufer der Steam-Version könnten etwas hilflos im All umher treiben. Hier muss die „DosBox“ oftmals angepasst werden und einige Dateien gelöscht und aus dem System kopiert werden. In beiden Fällen gibt es nicht die Garantie, dass ein Spiel von 1994 ohne Probleme läuft, mit unserem Hilfe-Guide solltet ihr aber die Mynocks vertreiben können.

Ihr könnt bei Problemen auch jederzeit die Kommentarfunktion unter dem Artikel nutzen oder im Steam-Community Hub nach Lösungen suchen. Möge die Macht mit euch sein.

Positiv

  • Star Wars Feeling pur
  • Alle Raumschiffe aus den Filmen und mehr
  • Toller Sound
  • Story um Episode 4 gestrickt
  • Riesiger Umfang

Negativ

  • Schwere Missionen
  • Kein Speichern im Flug
  • Heute schwere Installtion auf manchen PCs
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Tim-Oliver Siegwart

Geschrieben von: Tim-Oliver Siegwart

Beim Mighty Games Mag der Mann für Hardware, Rennsimulationen und First Person Shooter. Mit dem 286er und MS-DOS aufgewachsen und das Internet auf seinen ersten Schritten begleitet. Beruflich in der Gamesbranche tätig.

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