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Ori and the Blind Forest Definitive Edition (PC)

Von Daniel Kohlstadt am 29. Juni 2016 in Review

Wer glaubt, dass ein Videospiel heutzutage ein Millionenbudget benötigt, um mit aufwendigsten 3D-Animationen und den realistischsten Grafikspielereien die Spielergemeinde zu faszinieren, der wird mit dem Indie-Platformer „Ori and the Blind Forest“ von den österreichischen „Moon Studios“ eines Besseren belehrt. Dem Team um Creative Director Thomas Mahler ist es gelungen, ein Spiel zu entwickeln, das durch seine künstlerische Faszination keine zehn Minuten braucht, um den Spieler in emotionaler Hinsicht zu berühren. Welche Gründe dafür vorliegen, verrät unser Test.

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Ein düsteres Märchen

Zu Beginn wird die Hintergrundgeschichte des Spiels von einem Nebencharakter, dem Baum der Geister, erzählt. Dieser einführende Prolog, in dem wir die Figuren teilweise selbst steuern dürfen, ist dabei in Spielgrafik gehalten und erzeugt sofort eine dichte Atmosphäre.
Infolge eines nächtlichen Sturms wird Ori, ein hell leuchtendes Waldwesen und Hauptfigur des Spiels, von dem Geisterbaum getrennt, hinfort geweht und fällt buchstäblich vom Himmel auf eine Lichtung. Dort wird Ori von einer Kreatur namens Naru gefunden und in Sicherheit gebracht. Fortan zieht Naru Ori wie ihr eigenes Kind auf und zusammen gestalten sie ihr Leben im Wald Nibel.

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Doch die harmonische Zeit kommt zu einem abrupten Ende, als ein Angriff der räuberischen Rieseneule Kuro Jahre später dazu führt, dass der Wald sich verdüstert und infolgedessen Vegetation und Nahrung versiegen. Dafür, dass Naru auf das eigene Wohl verzichtet und Ori den letzten Rest an Nahrung überlässt, verliert Naru ihr Leben.
Auf sich allein gestellt zieht Ori voller Trauer und ohne Hoffnung raus in den Wald, bis es schließlich vor Hunger und Schwäche am Fuße des Seelenbaumes kollabiert und stirbt. Mit seiner letzten Kraft belebt der Geisterbaum Ori wieder, so dass dieser sich auf die Suche begeben kann, um dem Wald Nibel wieder zu seinem alten Glanz zu verhelfen. Dafür muss Ori die Lichter der drei Elemente Wasser, Wind und Wärme reaktivieren, die für das harmonische Gefüge des Waldes verantwortlich sind. Für die Mission steht Ori ein Lichtwesen namens Sein zur Seite, welches sich als das Licht und die Augen des Geisterbaums zu erkennen gibt, und Ori fortan leitet und beschützt.

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Ein Licht der Hoffnung

Nach diesem wunderschön inszenierten Prolog dürfen wir die Kontrolle über Ori übernehmen und bahnen uns unseren Weg durch eine ambivalente Waldlandschaft aus Höhlen, Sümpfen und Grotten, die in malerischer 2D-Grafik dargestellt wird. Die Steuerung unserer Figur erfolgt wahlweise via Controller oder Tastatur. Zwar können wir bei letzterem die Tasten leider nicht selbst belegen, doch geht sie problemlos von der Hand und ist höchst präzise ausgefallen. Dabei bewegen wir uns mit der A- und D-Taste nach links und rechts, setzen via Leertaste zu einem Sprung an und können mit der S-Taste über schmale Stege tiefergelegene Ebenen erreichen. Wenn sich ein Feind nähert, setzen wir uns mit der linken Maustaste zur Wehr. Dabei greift Ori nicht selbst an, sondern überlässt es seinem treuen Begleiter Sein, nahe gelegene Widersacher mit grellen Lichtblitzen zu attackieren.

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Unsere Lebensenergie wird am unteren Bildschirmrand durch grüne Punkte gekennzeichnet. Werden wir von einem Gegner getroffen oder berühren einen spitzen Dornenbusch, verlieren wir jeweils einen Punkt. Verlorene Energie kann über grüne Lebenssplitter aufgefrischt werden, die auf unserem Pfad an Blüten hängen oder von besiegten Gegnern zurückgelassen werden. Jene hinterlassen zudem regelmäßig gelbe Geisterlichtkugeln. Sammeln wir davon eine bestimmte Anzahl ein, erlangen wir Fähigkeitspunkte, mit denen wir in einem Fertigkeitsbaum neue Kräfte freischalten. So können wir beispielsweise nach und nach die Feuer- beziehungsweise Durchschlagskraft unserer Attacken erhöhen, nahegelegene Items magnetisch anziehen, Objekte auf der Karte sichtbar werden lassen und unsere Energieversorgung optimieren.

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Der Fertigkeitsbaum lässt sich allerdings nur aufrufen, wenn wir vorher eine blaue Energiezelle gefunden haben. Mit dieser Energiezelle lassen sich Seelenverbindungen erzeugen. Dabei handelt es sich um einen blaufarbenen Nebel, der es uns erlaubt, den Fertigkeitsbaum aufzurufen und unseren Spielstand manuell zu speichern. Ferner sind in den Waldabschnitten vereinzelt Geisterportale zu finden, bei denen wir ohne den Einsatz einer Energiezelle einen Speicherstand anlegen können.

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Eine anspruchsvolle Reise

Den Großteil von Oris Odyssee verbringen wir damit, zu einzelnen Fragmentstücken zu gelangen, um damit versperrte Portale für unseren weiteren Fortschritt zu öffnen. Während unsere Umgebung zu Beginn noch keine echte Bedrohung für uns darstellt und wir ohne Probleme von A nach B kommen, zieht der Schwierigkeitsgrad spätestens nach Erreichen des Ginsobaumes deutlich an. Zum Glück versorgen uns die in blauem Licht erstrahlenden Stammbäume an wichtigen Stellen mit neuen Fähigkeiten, sodass wir schon bald schwebende Plattformen und mit tödlichen Stacheln gespickte Schluchten per Doppelsprung überwinden, an steilen Mauern entlang klettern und in tiefe Gewässer eintauchen können. Um uns in der stetig komplexer werdenden Waldlandschaft zu orientieren, können wir mittels TAB jederzeit eine Karte aufrufen, die uns aufzeigt, welche Gebiete wir durchstreift haben und welche vor uns liegen.

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Während unser Reise werden wir immer wieder von den fantastischen Kreaturen des düsteren Waldes unter Beschuss genommen. Unsere Feinde treten dabei sehr individuell auf: So müssen wir beispielsweise heranspringende Froschwesen und herabstürzenden Eulen bekämpfen sowie Lava- und Spinnenwesen eliminieren, die uns mit Feuersalven beschießen. Ebenso gilt es, explodierenden Gegnern und größeren Energiewesen auszuweichen, die uns bei Berührung sofort das Lebenslicht ausblasen. Da ein schnelles Ableben in „Ori and the Blind Forest“ häufig vorkommt, ist es also dringend erforderlich, regelmäßige Speicherstände anzulegen. Trotz des anspruchsvollen Schwierigkeitsgrades bleibt das Spiel jedoch immer fair.

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Bei den zusammenhängenden Waldarealen, die wir im Übrigen ohne Ladezeiten durchqueren, besteht oftmals die Notwendigkeit, in frühere Bereiche zurückzukehren, um unsere Reise mit Hilfe neuer Fähigkeiten an einer Stelle fortzusetzen, die für uns vorher unerreichbar war. Durch die nahtlose Verbindungsmöglichkeit einzelner Abschnitte ist es ebenso möglich, an wichtige Fundstücke zu gelangen, die wir beim ersten Durchlauf außer Acht gelassen haben. Allerdings müssen wir bei unserer Rückkehr in bekannte Gebiete in Kauf nehmen, dass bereits besiegte Gegner wiederauftauchen und aufs Neue bekämpft werden müssen.

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Ein spielbarer Zeichentrickfilm

Die Grafik von „Ori and the Blind Forest“ ist ein Fest fürs Auge. Die malerischen, von Hand gefertigten Bilder überzeugen mit atmosphärischen Licht- und Schattenspielen, schicken Effekten und einem dreiteiligen Aufbau. Während sich am unteren Bildschirmrand vordergründig je nach Umgebung unscharfe Landschaftselemente wie Blumengruppen oder Gesteinsformationen auftürmen, streifen wir auf der mittleren Ebene vor detailreichen Hintergrundkulissen durch die fantastische Welt, bestehend aus opulenten Wasserfällen, verspieltem Blattwerk und komplexen Höhlensystemen. Nicht selten wecken die sympathischen und geschmeidig animierten Figuren, welche unsere Wege kreuzen, Erinnerungen an die erwachsenen Zeichentrickfilme des amerikanischen Regisseurs und Autors Don Bluth, während das Artdesign in einer Klasse agiert, die mit den frühen Werken von Tim Burton und Guillermo del Toros Film „Pans Labyrinth“ vergleichbar ist.

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Untermalt wird das zauberhafte Geschehen von einem erstklassigen Soundtrack, der mit einer ambivalenten Mischung aus leisen Klaviertönen, verträumten Chorgesängen und kraftvollen Orchesterklängen die melancholische Grundstimmung der Handlung perfekt einfängt.
Zusammen mit der tiefen Erzählerstimme des Geisterbaumes, dessen Fantasiesprache mit deutschen Bildschirmtexten versehen wird, schaffen diese Einheiten in ihrer Gesamtwirkung ein beeindruckendes audiovisuelles Erlebnis.

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Fazit

„Ori and the Blind Forest“ ist eine wahre Indie-Perle. Die melancholische Geschichte des Waldwesens Ori wird in wunderschön animierten und fantasievollen Bildern erzählt, deren Artdesign in ihrer Qualität und Kreativität von der ersten Spielminute an begeistert. Zusammen mit dem grandiosen Soundtrack und der wuchtigen Soundkulisse steht das Spiel einem künstlerisch eindrucksvollen Zeichentrickfilm in nichts nach.
Hinter der schönen Oberfläche verbirgt sich ein hoch anspruchsvolles Jump-’n‘-Run, das uns trotz der sauberen Steuerung einiges Können abverlangt. So ist es keine Seltenheit, dass wir in manchen Arealen erst viele Bildschirmtode sterben müssen, bevor wir die richtige Taktik verinnerlicht haben und die schwierige Situation erfolgreich meistern. Dennoch bleibt die Reise durch den Wald Nibel immer fair und weiß den Spieler mit spannenden Wendungen, sympathischen Figuren und komplexen Levelstrukturen zu unterhalten. Wer also auf der Suche nach einem kreativen wie herausfordernden Spiel ist, das in einer Dauer von circa sieben Stunden bestens unterhält, dem sei „Ori and the Blind Forest“ wärmstens empfohlen.

Positiv

  • Fantastisches Artdesign
  • Dichte Atmosphäre
  • Flüssige Steuerung
  • Wunderschöne Soundkulisse

Negativ

  • Tastatur nicht frei belegbar
  • Besiegte Gegner kehren immer wieder
90
Daniel Kohlstadt

Geschrieben von: Daniel Kohlstadt

Ori and the Blind Forest Definitive Edition

Entwickler:Moon Studios
Release Datum:27. April 2016

USK Alterseinstufung

Freigegeben ab 12 Jahren gemäß § 14 JuSchG.

2 Kommentare hinzugefügt

  1. Tim-Oliver Siegwart
    Oliver
    29. Juni 2016 um 13:50 | antworten

    Sieht wirklich sehr hübsch aus, könnte was für die Freundin sein…

    • Daniel
      29. Juni 2016 um 22:25 | antworten

      Kann ich nur beipflichten. Jedoch gilt für “Ori“: Schön, aber schwer. Da gibt es manche Stellen, die sind echt zum Controllerbeißen.


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