Far Cry New Dawn – Der farbenfrohe Weltuntergang

Far Cry New Dawn ist ein eigenständiger Ableger der Reihe, der an die Geschehnisse aus Far Cry 5 anknüpft. Ob uns der post-apokalyptische Ansatz gefallen hat, verrät euch unser Test.

Nach der nuklearen Katastrophe

Bevor es losgeht, entscheiden wir uns für einen männlichen beziehungsweise weiblichen Charakter, also genau wie im „Hauptspiel“. Da die Auswahl anschließend nicht mehr korrigiert werden kann, sollte die Entscheidung wohl durchdacht sein. Ein zweiter Durchlauf mit dem anderen Geschlecht ist aber selbstverständlich auch möglich. Anschließend wählen wir aus drei verschiedenen Schwierigkeitsstufen, welche die Zocker, die sich lediglich für die Geschichte interessieren, ebenso zufriedenstellen sollten wie all diejenigen, die die ultimative Herausforderung in Hope County suchen.

Für alle, die Far Cry 5 nicht gespielt haben oder noch nicht komplett durch sind, erklärt uns das Spiel zu Beginn, was mit dem idyllischen Hope County passiert ist. Dadurch kann New Dawn auch problemlos vollkommen unabhängig vom direkten Vorgänger gespielt werden. So wurde die Welt von Atombomben weitestgehend verwüstet, sodass sich die Überlebenden in Bunker unter der Erde zurückziehen mussten. Nach sechs Jahren abseits der Oberfläche wagten sich die Bewohner erstmals zurück in die alte Welt, in der sich die Natur in der Zwischenzeit erholt hatte. Zusammen bauten die Überlebenden ein neues Zuhause auf und schufen eine neue, friedliche Gemeinschaft. Der Friede währte allerdings nicht lange, da zwei Schwestern aus dem Osten mit ihren Verbündeten anrückten, um sich das, was die Gemeinschaft mühsam aufgebaut hatte, gewaltsam unter den Nagel zu reißen. Unter der Führung von Thomas Rush formierte sich nach und nach ein Widerstand, der sich den Schwestern entgegenstellen will, um das Verlorene zurückzuerobern.

Zu diesem Widerstand gehören auch wir, als wir am Ende der Sequenz in das eigentliche Spiel einsteigen und uns in einem brennenden Zugwrack wiederfinden, aus dem es zu entkommen gilt. Dabei metzeln wir uns durch feindliche Reihen und versuchen, unsere Verbündeten aus den Fängen der neuen Widersacher, der sogenannten Highwaymen, zu befreien. Dabei verschwendet New Dawn keine Zeit und wirft uns mitten in kriegerischen Auseinandersetzungen in Geschehen, wodurch wir sofort alle Hände voll zu tun haben. Als großer Fan von direkten Spieleinstiegen hat mir der temporeiche Beginn des Ablegers sehr gut gefallen, gerade auch deswegen, weil sich die Sequenz auf das Nötigste beschränkt. Beim darauf folgenden ersten Aufeinandertreffen mit den Zwillingen wird direkt klar, mit welchem Kaliber des Wahnsinns wir es hier zu tun bekommen. So wird unsere Gruppe brutal angegriffen und dezimiert, lediglich uns selbst und unserer Mitstreiterin Carmina gelingt die Flucht. Daraufhin begeben wir uns auf den Weg nach Hope County und finden uns wenig später in der altbekannten, wenn auch optisch stark veränderten, amerikanischen Kleinstadt wieder.

Der linear gehaltene Spieleinstieg präsentiert sich dabei als netter Kontrast zur offenen Welt, die uns im weiteren Verlauf erwartet. Aber auch später kommen wir hier und da in den Genuss geradliniger Passagen, sodass wir nicht nur in der klassischen freien Far-Cry-Welt unterwegs sind. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die beiden bösen Zwillinge etwas austauschbar ausgefallen sind und nicht den Charme vergangener Far-Cry-Widersacher erreichen, wie zum Beispiel Vaas Montenegro oder auch Joseph Seed aus dem unmittelbaren Vorgänger. Da wir aber auch auf einige bekannte Charaktere treffen und mehrere Orte besuchen, die wir bereits bestens kennen, spannt sich immer wieder der Bogen zu Far Cry 5, wodurch die neuen Widersacher gar nicht so unmittelbar im Fokus stehen. Dies wiederum tut dem Spiel definitiv gut.

Jäger und Sammler

Auf dem Weg nach Hope County machen wir uns direkt mit dem Crafting-System vertraut. So können wir in der Spielwelt nützliche Bauteile wie Panzertape, Zahnräder oder Werkzeugkomponenten entdecken, mit denen wir an Werkbänken Waffen herstellen oder verbessern sowie Fahrzeuge oder Fluggeräte bauen können. Das System ist dabei schön übersichtlich gehalten, damit sich Shooter-Fans nicht mit langwierigem Sammeln von tausenden von Teilen aufhalten müssen. Sehr schön ist auch, dass sich die für eine bestimmte Waffe benötigten Teile speziell markieren lassen, wodurch wir beim Sammeln stets im Auge haben, was wir noch benötigen. Neben klassischen Schusswaffen wie Maschinengewehren und Pistolen in verschiedenen Varianten können wir in New Dawn auch ausgefallenere Kreationen nutzen, wie zum Beispiel einen Sägeblattwerfer.

Zusätzlich zur gängigen Munition, die wir übrigens auch in der Spielwelt entdecken sowie von besiegten Feinden aufsammeln können, lässt sich an einer Werkbank außerdem Spezialmunition herstellen. Hierzu gehören unter anderem Brandmunition und panzerbrechende Geschosse. In den Shooter-Passagen erwartet uns wenig Neues. So können wir uns auf die bekannte actionreiche Umsetzung mit einem sehr ordentlichen Trefferfeedback freuen, das wir schon aus den Vorgängern kennen. Mal legen wir uns mit Patrouillen auf der Straße an, verteidigen unser Anwesen gegen mehrere Wellen von Feinden oder töten sämtliche Gegner in einem Außenposten, um diesen in Besitz zu nehmen. Außerdem haben wir häufig die Chance, offenen Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen, indem wir Feinde leise töten ohne Aufmerksamkeit zu erregen.

Der Widerstand in euren Händen

Nachdem wir es endlich zurück ins geliebte Hope County, oder das, was davon übrig geblieben ist, geschafft haben, treffen wir dort auf Carminas Mutter und schmieden gemeinsam einen Plan, um die Highwaymen zu vertreiben. Zu diesem Zwecke ist es fortan unsere Aufgabe, verschiedene Spezialisten für unsere Sache zu gewinnen, die uns, sobald sie sich uns angeschlossen haben, in einem bestimmten Bereich der Basis unterstützen, wie der Waffenherstellung oder der Versorgung mit medizinischen Produkten. Bevor es richtig mit der offenen Spielwelt losgeht, haben wir übrigens auch endlich die Möglichkeit, unseren Avatar anzupassen. Dabei wählen wir zunächst aus einem von acht vorgefertigten Gesichtern aus, bevor wir uns für ein passendes Outfit sowie auf Wunsch für eine Kopfbedeckung oder eine von zahlreichen Frisuren entscheiden. Die Auswahl an Varianten ist nicht atemberaubend, für einen Shooter aber allemal ausreichend. Neben der Suche nach Fachleuten steht zunächst vor allem die Rettung von Thomas Rush auf der Agenda. Außerdem gehört der Ausbau der eigenen Basis, genannt Prosperity, zur langen Liste an Aufgaben.

Um neue Einrichtungen freizuschalten, mit deren Hilfe wir unter anderem Fahrzeuge, Fluggeräte oder Waffen herstellen, die medizinische Versorgung sicherstellen oder auch an Expeditionen teilnehmen können, benötigen wir große Mengen an Ethanol. Den Treibstoff finden wir in Außenposten der Highwaymen, die in typischer Far-Cry-Manier eingenommen werden müssen. Wie in Far Cry 5 können wir dabei auf die Hilfe von Mitstreitern zurückgreifen, denen wir innerhalb der Missionen auch bestimmte Befehle erteilen dürfen. An Gegnern warten neben gewöhnlichen Highwaymen-Soldaten auch robuste Kämpfer mit Schutzschild oder fordernde Elitetruppen, die uns vor etwas größere Herausforderungen stellen. Abseits der Hauptmissionen stehen außerdem zahlreiche Nebenaufgaben bereit, die von klassischen Befreiungsaktionen, über das Aufspüren von verlorenen MP3-Playern, bis hin zum Besuchen vorgegebener Orte innerhalb der Spielwelt reichen. Für Abwechslung beim Shooter-Alltag sorgen darüber hinaus Missionen, in denen wir mit Fahrzeugen jeder Art unterwegs sind oder auch mal ein stationäres Geschütz auf einem Motorrad bedienen, um den Verfolgern einzuheizen.

Verbessert euch stetig mit Vorteilen

Zusätzlich zu den Waffen und der Basis können wir auch uns selbst nach und nach verbessern. So lassen sich verschiedene Vorteile freischalten, die zahlreiche Attribute unseres Kämpfers verbessern. Hierzu gehören unter anderem zusätzlicher Platz für Nahkampfwaffen oder Erste-Hilfe-Sets, ein Schweißbrenner für Reparaturen und Safeöffnungen sowie der beliebte Kletterhaken für halsbrecherische Klettertouren. Außerdem können Fähigkeiten wie die Geschwindigkeit in gedruckter Haltung, die Takedowns oder auch der Schaden durch einfache Schläge aufgewertet werden. Um die hierfür benötigten Vorteilspunkte zu erhalten, müssen wir uns nicht nur um die Hauptaufgaben, sondern abseits der Missionen auch um die sogenannten Herausforderungen kümmern. Diese sind breit gefächert und beinhalten beispielsweise Jagdaufgaben, bei denen eine gewisse Anzahl vorgegebener Tiere getötet werden muss, oder auch klassische Herausforderungen, die sich um eine bestimmte Zahl an Kills mit festgelegten Waffen drehen. Hier wurde, zusätzlich zur Story und den Nebenmissionen, ein weiterer Anreiz gegeben, sich mit der Spielwelt auseinanderzusetzen. Eine gute Wahl, wie wir finden.

Alle Farben des Regenbogens

Optisch überzeugt Far Cry New Dawn ebenso wie sein direkter Vorgänger. Sowohl in den Sequenzen als auch innerhalb der Spielwelt gibt es in Sachen Detailreichtum, Qualität der Texturen und Bewegungen und Animationen der Figuren so gut wie nichts zu bemängeln. Die Gestaltung der Umgebung ist dabei mit Sicherheit das Highlight der Standalone-Fortsetzung, denn anders als in bekannten Spielen mit postapokalyptischem Setting ist Hope County alles andere als trostlos und lebensfeindlich. Im Gegenteil – die nukleare Strahlung ließ die Natur in allen erdenklichen Farben erstrahlen, sodass wir uns auf einen optischen Leckerbissen der ganz besonderen Art freuen dürfen. Die Spielwelt hat dabei fast schon Fantasy-Charme und wirkt gleichermaßen unwirklich wie geheimnisvoll. Ergänzend zur Natur erhielten auch die Lager, die Häuser oder die Autos einen farblich passenden Anstrich, der vor allem Farbtöne wie Lila oder Pink in den Vordergrund rückt. Ebenso wie in Far Cry 5 ist auch in New Dawn die Tierwelt sehr präsent, sodass wir uns auch auf die eine oder andere Begegnung mit Wildtieren jeder Art freuen können, ganz gleich, ob es um Hirsche, Bären oder die aus Teil 5 berüchtigten Truthähne geht. Hinzu kommen ganz besonderen Mutationen, die die Auswirkungen der nuklearen Strahlung deutlich machen

Auch auf einen atmosphärischen Tag-und-Nacht-Wechsel müssen wir nicht verzichten, der die Spielwelt gerade bei Dunkelheit noch mystischer erscheinen lässt. Den Komponisten müssen wir an dieser Stelle ebenfalls ein Lob aussprechen, denn die hervorragende Hintergrundmusik, die von dezenten rhythmischen Akzenten bis hin zu brachialen Beats mit ausgefallenen Synthesizerklängen reicht, sorgt in jeder Situation für die passende Untermalung. Dadurch werden sowohl emotionale Momente als auch knallharte Actionpassagen stimmig umrahmt.

Fazit:

Insgesamt bietet Far Cry New Dawn genau das, was man von einem Ableger der Reihe erwartet. Wir können uns auf gewohnt gelungene Schießereien, temporeiche Fahrten durch die frei begehbare Umgebung sowie eine große offene Welt freuen, in der mit Nebenmissionen und einnehmbaren Außenposten nicht gegeizt wird. So weit – so bekannt. Wer Spaß am grundlegenden Spielprinzip hat, wird auch mit New Dawn rundum zufrieden sein. Ich als großer Far-Cry-Fan hatte definitiv meinen Spaß und finde, dass die Standalone-Erweiterung eine gelungene Ergänzung zu Far Cry 5 ist, sowohl vom Setting her als auch im Hinblick auf die Geschichte. Eines darf man aber definitiv nicht erwarten, und dass sind signifikante Änderungen. Zwar bietet uns New Dawn mit den Herausforderungen und den damit verbundenen freischaltbaren Verbesserungen zusätzliche Anreize und auch die Spielwelt an sich ist optisch wirklich einmal etwas ganz Anderes, Ubisoft bewegt sich aber definitiv nicht aus der Wohlfühlzone heraus und erfindet die Reihe keinesfalls neu. Ob man dies als positiv oder negativ empfindet, muss letztlich jeder für sich selbst entscheiden. Far Cry New Dawn ist in jedem Fall ein hochwertiger, umfangreicher und optisch sehr interessanter Vertreter der Reihe, der Far-Cry-Fans im Prinzip alles bietet, was Sie gewohnt sind.