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Déraciné – Ein geisterhafter VR-Ausflug

Von Daniel Walter am 12. November 2018 in Review

Das Adventure Déraciné ist eine Art modernes Point-and-Click, das exklusiv für Sonys PSVR-Brille erschienen ist. Ob uns der Titel mit seiner außergewöhnlichen Stimmung überzeugen konnte, verrät euch unser Test.

Wie von Geisterhand

In Déraciné schlüpfen wir in die Rolle eines Geistes, der ungesehen in der Welt der Sterblichen unterwegs ist, und erkunden die atmosphärische Welt aus der Ego-Perspektive heraus. Uns stehen dabei zwei Hände zur Verfügung, die wir mit je einem Move-Controller steuern. Die Steuerung ist insgesamt sehr intuitiv ausgefallen, sodass wir zum Beispiel Gegenstände durch Klick auf die Schultertasten greifen und hochheben können. Die Bewegung erfolgt mithilfe von Teleportpunkten, sodass wir uns nicht völlig frei in Echtzeit bewegen. Gleiches gilt für das Umdrehen, das nicht stufenlos, sondern in einem Raster erfolgt. Beide Aspekte, in Kombination mit dem entspannten Grundtempo des Adventures, sorgen dafür, dass die von VR-Spielern gefürchtete Motion Sickness kein Problem darstellt. Dadurch sind auch längere Sessions ohne weiteres möglich.

Unser Geist ist nicht nur in der Lage, Gegenstände zu untersuchen, sie hochzuheben und einige ausgewählte in sein Inventar zu legen, um sie später anderweitig zu verwenden. Er besitzt dank zweier Ringe, einem blauen und einem roten, außerdem ganz spezielle Fähigkeiten, mit denen er Einfluss auf die Welt der Sterblichen hat. So kann der Geist allem Lebendigen Lebensenergie entziehen, um damit etwas Totes wiederzuerwecken. Zu Beginn wird dies deutlich gemacht, indem wir einem Bund Trauben das Leben entziehen und das Obst vor unseren Augen verdorren lassen. Die neue gewonnene Energie nutzen wir anschließend, um eine verwelkte Blume wieder zum Blühen zu bringen. Das Ganze funktioniert aber auch bei Menschen und Tieren, sodass ihr euch definitiv auf einige emotionale Momente einstellen könnt, ohne dass wir zu viel verraten wollen.

Darüber hinaus kann der Geist durch die Zeit reisen und zwar sowohl in die Zukunft als auch in die Vergangenheit. Dies ermöglicht es ihm beispielsweise schlimme Dinge, die bereits passiert sind, abzuwenden, indem er in die Vergangenheit reist und dort die Geschichte entsprechend beeinflusst. Dies hat aber, wie wir schon in Life is Strange gelernt haben, in der Regel nicht nur positive Folgen. Es gibt aber auch Dinge, die der Geist nicht kann. So sind wir trotz unseres körperlosen Auftretens nicht in der Lage, geschlossene Türen oder Wände zu passieren. Darüber hinaus hat unser Geist offenbar Angst vor Katzen, denn an ihnen kommt er nicht vorbei.

Das Glück liegt in euren Händen

Von der Geschichte möchten wir so gut wie nichts verraten, um euch die interessanten Entwicklungen nicht vorweg zu nehmen. Deshalb gibt es an dieser Stelle nur einige Eckdaten. So ist unser guter Geist in einem alten Waisenhaus unterwegs, in dem eine Gruppe von Mädchen und Jungen zusammen mit ihrem Rektor, einem alten Mann im Rollstuhl, untergebracht ist. Die Kinder versuchen nun, einen Geist zu rufen und sich mit ihm anzufreunden, damit dieser schlimme Dinge wie Krankheiten oder Verletzungen abwendet, mit denen einige Kinder der Gruppe zu kämpfen haben.

Wir bewegen uns dabei durch das wunderschön in Szene gesetzte alte Schulgebäude, das in vielen Momenten an Hogwarts erinnert. Wir erkunden zahlreiche verschiedene Räume, vom Zimmer des Rektors, über den Dachboden bis hin zur Kapelle. Außerdem können wir den großen Garten besuchen, der an das alte Waisenhaus anschließt. Es sind allerdings nicht immer alle Bereiche zugänglich. Dies ändert sich von Kapitel zu Kapitel, sodass hier für Abwechslung gesorgt ist. Bei unserer Erkundung erfahren anhand von Erinnerungen, auf die wir zugreifen können, und Gedanken der Charaktere mehr über die Kinder und die Situation, in der sie sich befinden. Um die Erzählart des Spiels besser verstehen zu können, ist es erforderlich, darauf aufmerksam zu machen, dass die Realität während unserer Entdeckungstouren stillsteht. Als Geist bewegen wir uns in einer eigenen Zeit und können daher nie direkt mit den Kindern sprechen und sie bei ihrem Alltag beobachten. Jedes Kapitel ist im Prinzip ein großes Standbild, das von uns entschlüsselt werden kann.

Als Geist haben wir zudem einiges zu tun. So müssen wir zum Beispiel das Gelände absuchen, um verschiedene Kräuterphiolen aufzuspüren, mit denen wir die Suppe in der Küche überwürzen, um die Kinder von unserer Anwesenheit zu überzeugen. Um an die Phiolen zu kommen, verfolgen wir nicht nur die Spur eines Hundes, sondern entwenden einem Kind beispielsweise auch einen Schlüssel, um damit eine Truhe öffnen zu können. Später gilt es, einen Weg zu finden, um die erwähnte Katze wegzulocken, damit wir zum Büro des Rektors vordringen können. Aber auch das Beschaffen von beruhigender Medizin oder das Sammeln von Münzen, um damit eine Schatulle zu öffnen, gehören zu unserem Geisteralltag. Insgesamt fühlt sich Déraciné oftmals wie eine Mischung aus Life is Strange und The Council an. Die Aufgaben kommen aber so gut wie nie vom simplen Finden und Beschaffen bestimmter Objekte weg. Hier wäre definitiv ein wenig mehr drin gewesen.

Dichte Atmosphäre

Das Waisenhaus überzeugt von Beginn an mit einer einnehmenden Atmosphäre. Die einzelnen Zimmer wurden sehr detailliert gestaltet und spiegeln das offenbar hohe Alter des Gemäuers sehr gut wider. Auch besitzt jeder Raum eine ganz eigene Aura, sodass es uns beispielsweise jedes Mal ein bisschen gruselt, wenn wir die Treppen zum Dachboden hinauf steigen oder wir immer ein Gefühl von Ehrfurcht empfinden, wenn wir uns in der schwach beleuchteten Kapelle befinden. Wer die VR-Umsetzung von Croft Manor in Rise of the Tomb Raider erlebt hat, wird sich an vielen Stellen an das Anwesen von Laras Familie erinnert fühlen. Auch die einzelnen Objekte wurden hervorragend umgesetzt, ebenso wie die detaillierten Gesichtszüge der verschiedenen Charaktere. Besonders beeindruckend fanden wir den Detailreichtum, der in einigen Szene zu erkennen war, sodass wir beispielsweise die Spiegelungen, die Kratzer und auch den Schmutz auf der Brille des Rektors erkennen konnten. Die Musik leistet ebenfalls einen großen Beitrag zu der intensiven Stimmung des Geisterspiels. Hier erwarten uns schwermütige Pianoklänge, die von tragenden Streichern umrahmt werden. Insgesamt kreiert der Soundtrack eine gewisse Sherlock-Holmes Stimmung, die sich schwer mit anderen Worten beschreiben lässt.

Fazit:

Déraciné ist mit Sicherheit kein Spiel für Actionliebhaber und Frohnaturen. Es ist ein Titel, auf den man sich einlassen muss und der zum Nachdenken anregt. Insgesamt ist das Adventure sowohl von der Thematik als auch von der Atmosphäre her sehr schwermütig und dadurch oft ein wenig drückend sowie traurig. Dies macht die VR-Erfahrung aber auch sehr intensiv, wodurch man die Emotionen der hervorragend gezeichneten Figuren auch sehr gut nachempfinden kann. Insgesamt lässt sich das Gefühl, das ich beim Spielen hatte, sehr gut mit Life is Strange vergleichen. Auch hier hat mich die Umsetzung von Beginn an gefesselt und dennoch war ein Ausflug nach Arcadia Bay meist mit schwermütigen Gedanken verbunden. Wenn man Déraciné etwas vorwerfen möchte, dann vielleicht, dass man oft etwas ziellos umherirrt, auf der Suche nach einem bestimmten Objekt. Da der Bereich stets überschaubar ist, kommt man in der Regel aber dennoch recht schnell ans Ziel. Trotzdem wäre ein wenig mehr Abwechslung bei den zu erledigenden Aufgaben schön gewesen. Auch die Spielzeit ist recht kurz ausgefallen, was aber leider ein verbreitetes Problem im VR-Genre ist. Insgesamt konnte mich das Adventure mit seiner außergewöhnlichen Erzählweise definitiv Fall überzeugen. Für jeden leicht zugänglich ist das Spiel aber keinesfalls.

Positiv

  • Gut umgesetzte Steuerung mit Move Controller
  • Keine Motion-Sickness-Gefahr
  • Mitreißende Stimmung
  • Interessanter und authentischer Schauplatz
  • Innovative Geschichte und Erzählweise
  • Hervorragender emotionaler Soundtrack

Negativ

  • Drückende Atmosphäre sicherlich nicht für jeden geeignet
  • Hier und da ist ein zielloses Absuchen der Umgebung erforderlich
  • Wenig Abwechslung bei den Aufgaben
  • Recht kurze Spielzeit
79
Daniel Walter

Geschrieben von: Daniel Walter

Hat seit der ersten PlayStation keine Konsolengeneration ausgelassen und interessiert sich vor allem für Adventures, RPGs und Actiongames. Neben der Arkham- und Assassin's Creed Reihe liegen auch sämtliche Star-Wars-Titel stets hoch im Kurs.

Déraciné

Entwickler:From Software
Release Datum:6. November 2018
Kurzbeschreibung:Ein Exklusiv-Adventure für die PSVR-Brille

Verfügbar für

Genre

USK Alterseinstufung

Freigegeben ab 12 Jahren gemäß § 14 JuSchG.

2 Kommentare hinzugefügt

  1. Katzenmudda
    12. November 2018 um 23:33 | antworten

    Das ist eine wirklich passende Kritik wie ich finde!
    Ich bin begeistert von dem Spiel, konnte es kaum erwarten bis zur Erscheinung.
    Und meine Erwartungen wurden übertroffen, es könnte extra für mich gemacht worden sein.
    Ich BIN genau so jemand, der lieber VR genießt als zockt.
    Doof ist, wenn man an manchen Stellen nah am Wasser gebaut ist… unter der Brille weinen vor Rührung oder Trauer kommt nicht so gut 😉
    Aber auch ein paar schöne Gruselmomente gibt es sowie den ein oder anderen Schreck.
    Für MICH ein gelungenes Spiel!

    • Daniel Walter
      Daniel
      17. November 2018 um 11:30 | antworten

      Vielen Dank für deinen Kommentar. Ich finde auch, dass Déraciné gerade in Sachen Atmosphäre sehr sehr viel richtig macht. Bei der Abwechslung der Aufgaben wäre aber in meinen Augen noch etwas mehr drin gewesen, dennoch war der VR-Ausflug sehr interessant und auch außergewöhnlich. LG Daniel


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