Mac mini G4 1. Generation

Von Daniel Liebeherr am 4. Februar 2017 in Hardware

Mac-mini-1st-genWas waren das doch für Zeiten, als ein Personal Computer nicht selbstverständlich ein Windows-Vehikel mit einem AMD- oder Intel-Prozessor war? Aus heutiger Sicht vielleicht nicht die Besten, da sich die Frequenzbandbreite im Megahertz-Bereich bewegte und an Youtube und Facebook noch lange nicht zu denken war. Aber es gab sie, diese wundervollen Pionierjahre. Zeit einen Blick zurück zu werfen.

Big Bang Praxis

Als sich mit dem Pentium-Knall Mitte der Neunziger der PC-Markt zu lichten begann und die drei großen As (Apple, Amiga, Atari) vom „Wintel“-Imperium verdrängt wurden, überlebte das nur Steve Jobs Firma. Dabei waren doch grade die spöttisch als „DOSen“ bezeichneten grauen Kisten zuvor als für Spieler eher uninteressant gebrandmarkt. Stundenlanges Konfigurieren von autoexec.bat und config.sys nur um weitere 10 KB Speicher im unteren Bereich frei zu bekommen, damit das neueste Game doch endlich lief, sowie das Einhacken von Befehlen auf traurig schwarzem Hintergrund ließen Apple- und Amiga-Besitzer oft süffisant grinsen. Beide Betriebssysteme waren zu dieser Zeit deutlich weiter entwickelt, was die Benutzerfreundlichkeit anging. Windows-Nutzer durften erst 1995 ähnlichen Komfort genießen – an dieser Stelle sei ein Vergleich der Stabilität der genannten Systeme außen vor gelassen.

Statt Intel-CPUs gab es bei Apple bis 2005 PowerPC-Prozessoren, gefertigt von IBM. Der „Mac mini“, welcher in erster Generation, im selben Jahr auf den Markt kam, war einer der letzten Macs mit nicht x86er-Hardware. Der Grund für den Wechsel, den so nur Apple hinbekam, war die technische Überlegenheit der Intel-Prozessoren, insbesondere der Geschwindigkeitsaspekt hatte wohl dazu bewogen. Dadurch, dass Apple zu dem Zeitpunkt bereits seit fünf Jahren ein modernes, flexibles Betriebssystem auf Unix-Basis in petto hatte, konnte das Vorhaben gelingen.

Diese Klein-Computer wurden gleichermaßen verspottet wie gefeiert. Bei einer Größe von 19,7 cm × 19,7 cm × 3,5 cm bot der Rechenzwerg fast alles, was seine großen Brüder konnten. Getaktet mit 1,25 in der kleinsten und 1,42 Ghz in der Luxus-Ausgabe waren die Knirpse zeitgemäß bestückt. Aufrüsten ließ sich lediglich der Arbeitsspeicher auf maximal 1 GB, sowie die 2,5 Zoll Festplatte. WiFi – von Apple Airport betitelt – und Bluetooth, sowie DVD-Brenner, „SuperDrive“ genannt, gab es bereits auch schon. Beides blieb aber ebenfalls der teureren Ausführung vorbehalten.

Die Schnittstellen waren leider etwas mager gesät. Neben 2 x USB 2.0, welche jedoch sofort durch Tastatur und Maus okkupiert wurden, gab es ansonsten nur eine FireWire-Schnittstelle zum Anschluss von externen Festplatten. Eine LAN-Buchse sowie ein Modem-Anschluss sorgten für die Außenkommunikation. Ja, das Internet war 2005 bereits in vollem Gange. Zumindest hatte Apple dem Winzling eine DVI-Schnittstelle spendiert, anstatt VGA. Damit ließen sich auch Monitore mit Full-HD-Auflösung nutzen. Ansonsten gab es nur noch einen einfachen Audio-Ausgang zum Anschluss einer 2.0 Lösung oder Kopfhörern. Die integrierten Lautsprecher machten nicht wirklich Laune.

Was bleibt zu tunen?

Die kleinen Kisten sind bei Ebay als Schnäppchen bereits für unter 30 Euro zu haben. Die gute Nachricht lautet: das Gerät lässt sich ohne Schraubendreher öffnen. Das ist heute, in Zeiten von geklebten Apple-Notebooks, keine Selbstverständlichkeit mehr. Dank „Do-It-Yourself“-Videos im Netz geht das recht leicht von der Hand. Eine Plastikkarte an den richtigen Stellen reingequetscht öffnet das schmucke Kästchen. Die Festplatte lässt sich beispielsweise gegen einen IDE-auf-SD-Adapter tauschen. Für die Installation des Betriebssystems genügt bereits eine günstige 16 GB-Karte, der Adapter selbst ist beim chinesischen Ebay-Händler des Vertrauens für unter zehn Euro zu haben. Der Tausch beschleunigt das Handling drastisch, zudem wird das Gerät dadurch fast geräuschlos. Selbst „Class-10“-Karten überrunden die eingebaute IDE-Platte mit 4.200 Umdrehungen pro Minute spürbar. Bei der Gelegenheit sollte der RAM, falls noch nicht erledigt, gleich mit auf das Maximum aufgerüstet werden. Die Riegel gibt es ebenfalls gebraucht für einen Appel und ’n Ei (Wortspiel beabsichtigt).

Als Betriebssystem stehen, will man auf keine Linux Distro ausweichen, entweder MacOS X 10.4 oder 10.5 zur Verfügung, denn 10.6 gab es danach nur noch für Intel-Macs. Die Unterschiede sind nicht groß, selbst aktuelle Versionen (10.12) haben den Look und Feel, des erstmals 2000 auf den Markt gekommenen Systems, weitestgehend beibehalten. 10.4 bietet eine Emulationsumgebung mit der Software lauffähig wird, welche für das klassische System (konkret wird 9.02 emuliert) geschrieben wurde. Dafür bietet Version 10.5 die Apple-eigene Backup-Lösung „Time Machine“. Insgesamt ist, sofern auf die Classic-Umgebung verzichtet werden kann, die neuere Version anzuraten. Dafür gibt es einfach ein wenig mehr Software. Der RAM-Verbrauch liegt allerdings etwas höher.

Interessanterweise gibt es noch eine ganze Reihe an Fansites, welche sich den PPC-Macs verschrieben haben (siehe Links unten). Da werden einerseits ältere Versionen von Programmen zum Download angeboten, andererseits gibt es immer noch Software, die speziell auf die Old-School Macs ausgerichtet ist.

Mit „TenFourFox“ werden beispielsweise aktuelle Firefox-Versionen auf die Plattform portiert, sogar mit Optimierungen für G3 – G5 CPUs. Plugins sind durch den aktuellen Unterbau verfügbar. Der Browser bietet HTML 5, mit allem Schnickschnack. Youtube-Videos seien an dieser Stelle nur Menschen empfohlen, welche eine unerklärliche Faszination für Daumenkinos pflegen. Zumindest werden Websites nicht zerstückelt angezeigt. Doch selbst Video-loses surfen ist ein Geduldsspiel, da der RAM-Verbrauch des Browsers ebenfalls mit exportiert wurde. Oftmals befüllen drei offene Tabs den Speicher bereits komplett. Kurzum: Jedoch, alles was im Browserfenster läuft, läuft auch (irgendwie).

E-Mail Clients sind ebenfalls kein Problem. „Tenfourbird“ bringt einen aktuellen Thunderbird auf den „Mac mini“, während Instant-Messenger nur bedingt funktionieren, da die Anbieter oftmals die Protokolle erweitern, beziehungsweise austauschen. ICQ ist die zu lobende Ausnahme. Skype kann man sich komplett von der Backe streichen. An Bit-Torrent-Clients gibt es sogar ein wenig Auswahl, wie auch freien Office-Suiten. Sowohl Open- als auch Libre-Office stehen zur Verfügung. Freie Brennsoftware, schließlich kann das „SuperDrive“ auch DVDs beschreiben, ist ebenfalls kein Problem.

Die Multimedia-Fähigkeiten sind offen gesagt beschränkt. Wer sich nur DVDs ansehen möchte, ist jederzeit willkommen. Höher auflösende MPEG4-Videos darf man mit Single-Core CPU getrost vergessen.

Doch wie sieht es spieletechnisch aus?

Für den Test wurden ältere Mac Games aus der Versenkung geholt: „Quake“, „Quake 3“, „Oni“, „Starcraft“, „Diablo 2“, „Warcraft 3“, sowie „Heretic 2“. Auch für Spielwillige bieten die Weiten des Internets genug Futter, um die Klassiker fit für den G4 zu machen. Während einige Spiele zu ihrer Zeit nur für OS-Versionen unterhalb der Zehner-Marke erschienen sind, gibt es heute immer noch Fan-Mods, welche Klassikern zu neuem Glanz verhelfen.

Für die beiden Quakes stehen neuere Clients zur Verfügung. Für „Quake 3“, beispielsweise „ioquake3“, welches als Universal Binary immer noch auf den alten Systemen läuft.

Blizzard hatte seinerzeit Updates und Installer für OS X bereit gestellt, „Starcraft“, „Warcraft 3“ und „Diablo 2“ laufen auch wirklich perfekt. Der Zugriff auf das Battle.Net bleibt hingegen verwehrt. Auf der offiziellen Site sind diese Versionen nirgendwo mehr zu finden. Da helfen Websites wie „The Patches Scroll“ weiter. Hier werden ältere Spiele-Patches für verschiedene Plattformen zur Verfügung gestellt, selbst Linux-Jünger bleiben nicht außen vor.

Für „Oni“ gibt es ein eigenes Wiki, auf dem sich Fan-Patches finden lassen. Im Test war der Klassiker auch spielbar, jedoch mehr schlecht als recht. So ließ sich die Standard-Auflösung nicht ändern, der Zugriff auf das Optionsmenü blieb komplett verwehrt.

So richtig gut hat sich „Heretic 2“ gehalten. Mit aktuellem Patch 1.06 läuft das Spiel auf Anhieb wie geschmiert und macht immer noch genauso Spaß wie vor über zehn Jahren. Für den Vorgänger, sowie für andere DOOM-basierte Spiele bietet sich die „doomsday“-Engine an.

Wer sich für MacOS X 10.4 entschieden hat, kann weitere Klassiker wie „Carmageddon 2“ oder „MDK“ anspielen. Generell sei jedoch an dieser Stelle erwähnt, dass die Emulation der Classic-Umgebung grade bei Spielen nicht immer ganz reibungslos funktioniert.

Dazu kommen etliche Abandonware-Sites, welche die Mac-Welt nicht außen vor lassen. Solche bieten eher Spiele für noch ältere Versionen des Systems an, einen Versuch diese per Emulation zum Laufen zu bringen, ist es immer wert. „Syndicate“ stürzte im Test nach einer Weile zwar ab, aber das mag auch Zufall gewesen sein. Selbst die DOS-Welt findet dank „DOSBox“ ihre Wege in den Apple-Zoo.

Wieso/weshalb/warum?

Alle hier genannten Spiele laufen in der Tat auch auf jedem älteren Windows-PC. Wirklich exklusive Spiele gab es für den Mac wohl nie. Wozu also das Ganze? Sich einen „Mac mini“ zum Spielen zuzulegen, um sich mal wieder so richtig nostalgisch fühlen zu können, ist im Grunde Unsinn. Grade die Kult-Spiele, welche bis heute von einer Fan-Base gepflegt werden, werden auf aktuellen Plattformen ein bisschen mehr gehegt als für den G4-Dino. Blizzard brachte unlängst für einige seiner älteren Werke aktuelle Installer für Intel-Macs heraus. Und wie gesagt, die Originale auf einem PPC-Mac zum Laufen zu bringen, ist kein Vergnügen. Allein die Suche nach älteren Patches kann in ernsthafte Arbeit ausarten. Doch wenn man den Fokus ein wenig anders legt und Spiele nur als Beiwerk betrachtet, beginnt die ganze Sache doch plötzlich Sinn zu ergeben.

Mit einem G4 „Mac mini“ bekommt man für wenig Geld einen Klein-Computer, der im Betrieb wunderbar leise immer noch zu gebrauchen ist. Wer grade im Hochsommer sein Arbeits- oder Wohnzimmer nicht mit einem 900-Watt Zock-PC zusätzlich beheizen möchte, findet hier eine ernsthafte Alternative.
Mit maximal 30 Watt Stromverbrauch ist man fast schon wieder „green“. Sicher gibt es auch hier bessere Alternativen: Mini-PCs mit Atom CPUs, auf denen ein Windows 10 läuft, sowie der Raspberry Pi 3 – wer lieber Linux mag – erfüllen den genannten Zweck besser.

Fazit

Für bastelfreudige Menschen ist der Rechenzwerg eine wahre Freude. Mit ein wenig Einsatz erhält man einen immer noch brauchbaren PC, der kaum Platz wegnimmt. Die meisten Monitore haben so oder so zwei Eingänge, sodass man wenig Aufwand damit hat. Wer schon immer mal über den Tellerrand schauen, oder sich einen Jugendtraum erfüllen wollte, hat nun die Gelegenheit dazu. Die immer noch aktive Fanszene macht wirklich Spaß.

Wobei man festhalten muss, dass eine (un)gesunde Portion Masochismus wohl schon dazu gehört, sich durch die Installation zu quälen oder selbst einfachere Websites zu besuchen. Aber Spaß gemacht hat es im Nachhinein trotzdem!

Weiterführende Links:

Abandonware für PPC-Macs:

http://macintoshgarden.org/

Spiele-Clients/Updates:

https://sourceforge.net/projects/ezquake/files/stable/

http://mods.oni2.net/node/64

http://wiki.dengine.net/w/Version_1.10

allg. Fansites:

https://macpowerpc.com/

http://ppcarchive.dyniform.net/software.html

http://www.oldapps.com/mac

http://www.macwrench.de/wiki/Open_Source_Anwendungen/PowerPC

Einzelne Software-Projekte:

http://tenfourfox.blogspot.de/

https://tenfourbird.osdn.jp/

http://www.cgsecurity.org/wiki/TestDisk_Download

Geschrieben von: Daniel Liebeherr

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